Der Verein „Starke Volksschule SG“ ist erstaunt über das abschlägige Verwaltungsgerichtsurteil vom 4. Mai 2015 zur geplanten Gesetzesinitiative „Für die Volksschule“. Allem Anschein nach unterstützt das Gericht die formaljuristischen Argumente der Regierung, statt eine gründliche Diskussion im Volk und eine Entscheidung an der Urne zuzulassen.
Schliesslich geht es bei der abgelehnten Initiative um nicht weniger als um die Zukunft unserer Kinder und unseres Gemeinwesens. In unserer direkten Demokratie soll der Souverän die Entscheidungen, die er und seine Nachkommen tragen müssen, auch souverän fällen können.
Die erste Initiative des Vereins Starke Volksschule St. Gallen zum „Austritt des Kantons St. Gallen aus dem HarmoS-Konkordat“ wurde Ende März mit über 7000 Unterschriften (statt der verlangten 4000), eingereicht. In der Zwischenzeit hat die Regierung das Zustandekommen bestätigt. Innerhalb von 18 Monaten wird das Stimmvolk darüber befinden können.
In den letzten Tagen wurde der Entscheid des Verwaltungsgerichtes St. Gallen gegen die zweite von uns geplante Initiative „Für die Volksschule“ bekanntgegeben. Diese Initiative des Vereins „Starke Volksschule SG“ widerspreche „übergeordnetem Recht“ (EDK-Konkordat / HarmoS), ja sogar der Bundesverfassung (Art. 61a).
Das Verwaltungsgericht schreibt in seinem Urteil, die Beschränkung auf eine Fremdsprache in der Primarschule, die einen Teil des Initiativtextes ausmacht, verstosse gegen «übergeordnetes Recht», deshalb sei die ganze Initiative ungültig. Die Beschränkung auf eine Fremdsprache in der Primarschule sei zudem der einzige Teil von Bedeutung in unserer geplanten Initiative. Die andern darin angeführten, für uns viel grundlegenderen Anliegen (Jahresziele, Fächerkanon, Genehmigung des Lehrplans durch den Kantonsrat) stuft das Gericht als «nicht von Bedeutung» für die Initianten ein und erklärt kurzerhand die ganze Initiative als ungültig. Die Beschwerdeführer wurden weder von der kantonalen Verwaltung noch vom Verwaltungsgericht zur Frage angehört, welche Inhalte der Initiative für sie von Bedeutung sind.
Das Gericht ist der irrigen Auffassung, diese Anliegen seien sogar mit dem Lehrplan 21 vereinbar. Dabei bedeutet dieser Lehrplan mit seiner Kompetenzorientierung (bruchstückhaftes, ideologisch ausgerichtetes Lernen) und seiner ganz neuen Auffassung von Lehren und Lernen (selbstgesteuertes Lernen statt geführter Klassenunterricht) einen epochalen Paradigmenwechsel – der mit dem noch zu entwickelnden Testapparat unsere gute Volksschule von Grund auf ökonomistisch ausrichtet und damit ihres Sinnes entleert.
In der vom Verwaltungsgericht abgelehnten Initiative geht es gemäss allen Verlautbarungen des Initiativkomitees um die Aufrechterhaltung unserer guten Volksschule zum Wohle aller Kinder (s. Argumentarium). Die Eltern, und unterstützend die Lehrer haben laut St. Galler Volksschulgesetz Art. 3 die Aufgabe, die Kinder zu lebensbejahenden, tüchtigen und gemeinschaftsfähigen Menschen zu erziehen, die Schule vermittelt die grundlegenden Kenntnisse und Fertigkeiten und leitet zu selbständigem Denken und Handeln an. Das Wissen muss systematisch, sorgfältig aufbauend, nach wissenschaftlichen Kriterien geordnet vermittelt werden. Nicht selbsttätiges Gewährenlassen und dann knallhartes Testen und Diagnostizieren braucht das Kind, sondern sorgsame Anleitung von verantwortungsbewussten Pädagogen.
Diese Grundanliegen der Initiative müssen dem Volk zur Diskussion gestellt werden. Es kann nicht sein, dass die radikale Umgestaltung der Volksschule ohne jede Mitsprache des Volkes erfolgen soll, nur auf dem Verordnungsweg.
Der „Verein für eine starke Volksschule – ohne Lehrplan 21“ stellt sich nicht grundsätzlich gegen eine überkantonale Angleichung von fachspezifischen Ausbildungszielen. Der Verfassungsartikel 61a und das HarmoS-Konkordat werden jedoch dazu missbraucht, die Kantone sowie die Bevölkerung ihrer Rechte in Schulfragen zu berauben und in undemokratischer Weise eine fundamentale Umgestaltung des Unterrichtswesens voranzutreiben. Dazu gehören Ideologien wie Konstruktivismus, Relativismus, Gender-Mainstreaming und die Abwendung von der christlich-abendländischen Kultur.
Die Diskussion um die Umgestaltung der Volksschule hat in der Öffentlichkeit erst begonnen. Mündige Bürger sollen weiterhin den Erziehungs- und Schulalltag beobachten, reflektieren, gestalten und mitentscheiden dürfen, wie wir Schweizer es noch gewohnt sind.